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Die fünf Säulen der Identität

Graphik der fünf Säulen der Identität
Die fünf Säulen der Identität

Das erwartet dich in diesem Artikel

Die fünf Säulen der Identität sind ein einfaches, aber sehr wirkmächtiges Instrument, um zu visualisieren, ob dein Leben im Gleichgewicht ist. Gerade in Umbruchsituation des Lebens, die privat oder beruflich sein können, spielt es seine Stärken aus und hilft bei der Selbstreflexion. Ich berichte, wann ich den ersten Bezug dazu gehabt habe, in welcher Situation es mir geholfen hat und wie du es für dich nutzen kannst.


Die fünf Säulen der Identität

Das Modell der fünf Säulen der Identität geht auf die integrative Therapie von H.G. Petzold zurück. Häufig werden die fünf Themenfelde nebeneinander aufgestellt und bilden damit fünf Säulen eines griechischen Tempels. Das darüber liegende Dach, das du in der Titelgraphik dieses Artikels findest, verdeutlicht dann direkt, ob dein Leben im Gleichgewicht ist. Die folgenden fünf Bausteine sind Bestandteil des Modells:

  1. Körper und Gesundheit
  2. Soziale Beziehungen
  3. Arbeit und Leistungsfähigkeit
  4. Materielle Sicherheit
  5. Werte und Ideale

Säule 1: Körper und Gesundheit

Der Körper bildet die erste Säule. Ohne sein Funktionieren ist alles andere hinfällig. Gesundheit ist die Basis von allem. Aber auch Beweglichkeit, Kondition, Wohlbefinden und Belastungsfähigkeit gehören zu dieser Säule.

Jens Aßmann auf einem Stand-up paddle board
Gehört in Hamburg dazu, wenn man Körper und Geist aktiv halten will: Stand-up paddling auf den Fleeten

Säule 2: Soziale Beziehungen

In der zweiten Säule wird dein soziales Netzwerk abgebildet. Das beginnt bei deinem Partner*in, geht über deine Familie und Freunde bis zum erweiterten Kreis deiner sozialen Beziehungen mit Kolleg*innen und Personen, die du z.B. im Verein oder beim Sport triffst. Der Mensch als soziales Wesen mit seinem Netzwerk ist in dieser Säule also im Fokus.

Drei Personen schauen auf die St. Peter's Basilika in Rom
Zeit mit meiner Frau und ihren Eltern verbringen

Säule 3: Arbeit und Leistungsfähigkeit

Die Leistungsfähigkeit wird klassischerweise auf das Arbeitsfeld, also den Job bezogen. Das "tätig sein" bzw. die Tätigkeit ist Gegenstand der dritten Säule. Diese Säule lässt sich natürlich auch auf die Situation vor und nach dem Erwerbsleben anwenden. Aspekte wären hierbei die Arbeitszufriedenheit, Erfolgserlebnisse und Freude an der eigenen Leistung. Es gehören aber auch die negativen Seiten wie entfremdete Arbeit, Arbeitsüberlastung oder eben Unterforderung zu dieser Säule.

Portal der Handelskammer Hamburg
Seit 16 Jahren ist das mein Arbeitsplatz

Säule 4: Materielle Sicherheit

Auch die materielle Sicherheit ist Teil der Identität und die vierte von fünf Säulen. Bausteine materieller Sicherheit sind dein Einkommen und deine Vermögenswerte, aber auch dein Lebensbedarf, dein Besitz, Nahrung und Kleidung. Materielle Sicherheit zieht sich bis zu dem Ort, in dem du wohnst und zu dem du dich zugehörig fühlst.

Verschiedene ausländische Geldscheine und Münzen auf einem Tisch
Geld ist ein Teil materieller Sicherheit

Säule 5: Werte und Ideale

Die letzte der fünf Säulen betrifft Werte und Ideale. Dazu gehören z.B. Moral, Ethik, Religion, Liebe, Tradition und Sinnfragen. Es geht um Dinge, die dir als Mensch wichtig sind, für die du dich einsetzt und nach denen du dein Leben ausrichtest. Manches von dieser Säule wird dir erst so richtig bewusst, wenn es nicht mehr da ist und man es zuvor für selbstverständlich gehalten hat. Das sind Situationen, in denen dein Wertekanon auf die Probe gestellt werden kann.

Sechs auf Karten aufgeschriebene Werte
Diese Werte sind für mich nicht verhandelbar

Wann ist das Modell von Relevanz?

Die fünf Säulen der Identität sind sicherlich kein Modell für die tägliche Anwendung. In Umbruchsituationen des Lebens spielt es aber aufgrund seiner Schlichtheit seine Stärken aus. Bei vielen Menschen kann es im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung relevant werden. Diese findet häufig im Alter zwischen 40 und 50 Jahren statt, ist also etwas für uns Mitglieder der Generation X. Die Frage nach dem Gleichgewicht zwischen den fünf Säulen mag als guter Einstieg dienen, um sich mit einer Identitätskrise auseinanderzusetzen, die jeder von uns in einer mehr oder weniger starken Ausprägung kennen wird. Die Visualisierung der Säulen hat einen nicht zu unterschätzenden Effekt. Es erfordert nicht viel Zeit die fünf Säulen aufzumalen und es löst direkt Selbstreflexion aus. Was passiert, wenn eine der Säulen wegbricht? Diese Frage bekommt eine andere Tragweite, wenn dir über das Bild eines griechischen Tempels klar wird, dass dein Dach dann einstürzen kann und über kurz oder lang auch wird. Genauso kann es dir bei der Suche nach dem helfen, was dich wirklich erfüllt. Ich beschreibe dir im nächsten Absatz, wann und in welcher Situation ich mit dem Modell konfrontiert wurde. 

In welchen Situationen habe ich das Modell kennengelernt und genutzt?

Mit dem fünf Säulenmodell der Identität bin ich erstmals Anfang 2019 konfrontiert worden. Ich habe über einige Wochen ein Führungskräftecoaching im Rahmen eines sehr großen Reformprojekts gemacht. Man beschreibt dem Coach zunächst seine aktuelle Lage. In dieser Zeit hat außer Vollgas im Job hat nicht viel anderes in meinem Leben stattgefunden. Allerdings war es positiver Stress und ich hatte mich aktiv um eine solche Rolle im Change Management beworben.

 

Der Coach nahm sich danach einen Stift und malte auf dem Flipchart den Idealzustand der fünf Säulen, wie du ihn zu Beginn dieses Artikels als Graphik findest. Alle fünf Säulen sind gleich hoch und stark, auf ihnen liegt das klassizistische Dach eines griechischen Tempels waagerecht auf. Das Gebäude ist statisch solide, genau wie die Person, deren Identität damit gespiegelt wird.

Mein Modell sah zu der Zeit etwas anders aus...

Graphik der fünf Säulen der Identität während eines Reformprojekts des Generalisten
Die fünf Säulen der Identität während eines beruflichen Reformprojekts

In der beschriebenen Situation waren 100 % meiner verfügbaren Energie oder Zeit auf fünf Säulen verteilt, das allerdings in einer sehr ungleichmäßigen Weise. Wie erwähnt hat seinerzeit der Job nicht nur Priorität während der normalen Arbeitszeit gehabt, sondern auch abends und am Wochenende. Dementsprechend stark war die Säule 3 ("Arbeit und Leistungsfähigkeit") ausgeprägt und entsprechend unterentwickelt sahen alle anderen Säulen aus. "Körper und Gesundheit" war auf ein Minimum reduziert, "soziale Beziehungen" wurden deutlich heruntergefahren. "Materielle Sicherheit" sowie "Werte und Ideale" sind so mitgelaufen. Allein die Tatsache, dass der Coach mich bat meine seinerzeitige Situation zu visualisieren, hat bei mir "Klick" gemacht. Das Dach dieses griechischen Tempels konnte nicht allein auf der einen Säule des Jobs aufliegen. Es machte mir auch schlagartig klar, dass Körper und Geist eine solche Extremsituation nicht dauerhaft aushalten würden. Und als mein Coach mich dann fragte, was ich tun würde, wenn morgen meine Jobsäule einbrechen würde, hatte er mich. Vielleicht hatte er hellseherische Fähigkeiten, denn nur wenige Wochen nach dieser Sitzung wurde das Reformprojekt gestoppt und ich fühlte mich wie mit Vollgas gegen eine Wand gefahren. Letztendlich hat auch dieses Modell mit der anschließende Reflexion dazu geführt, dass ich im September 2019 mit meiner Frau ein Sabbatical eingelegt habe, über das ich hier ausführlich berichte.

Die fünf Säulen am Ende meines Sabbaticals

Wenn ich als Vergleich zur Situation Anfang 2019 die fünf Säulen meiner Identität genau ein Jahr später aufzeichnen würde, käme das nachfolgende Bild heraus. Es wäre am Ende meines halbjährigen Sabbaticals im Frühjahr 2020 entstanden und ein Abbild einer anderen "Extremsituation" geworden. Das Spiegelbild einer Zeit, in der ich sechs Monate nicht gearbeitet (zumindest nicht im klassischen Job), und die anderen Säulen wieder langsam aufgefüllt habe.

Graphik der fünf Säulen der Identität während des Sabbaticals des Generalisten
Die fünf Säulen der Identität während meines Sabbaticals

Fazit


Das Modell der fünf Säulen der Identität ist sehr simpel und aus meiner Sicht deshalb so wirksam. Wenn man nur ein wenig für Selbstreflexion übrig hat, lohnt es sich, dieses in besonderen Lebenssituationen anzuwenden und daraus Schlüsse abzuleiten. Besonders spannend wird es natürlich, wenn man es jährlich zu einem festen Zeitpunkt erstellt und dann mit einem Datum und ein paar Notizen versieht. Über die Jahre würde sich sicherlich ein sehr spannender Verlauf des eigenen Lebens ergeben.

 

Vielleicht kann ich dich mit dem Artikel motivieren, dir jetzt ein Blatt Papier und einen Stift zu holen und deine eigenen fünf Säulen der Identität zu erstellen. Es wird nicht länger dauern als du für's Lesen dieses Artikels gebraucht hast und die Wirkung auf dich wird ganz automatisch einsetzen - versprochen!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Tanja (Dienstag, 03 November 2020 09:56)

    Hallo Jens,
    lange ist es her, dass wir uns im realen Leben begegnet sind. Viel ist passiert.
    Finde den Artikel sehr gut, da das Modell noch einmal deutlich visualisiert, was "man" vielleicht schon ahnt, wenn man ein wenig in sich hineinhört. Werde mir mein Modell jetzt regelmäßig anschauen und daran arbeiten, damit mein Tempel nicht einstürzt.
    Liebe Grüße aus Hannover, Tanja

  • #2

    Jens (Dienstag, 03 November 2020 20:27)

    Hey Tanja, danke für dein Feedback! Das ist das schöne an solchen Kanälen/Projekten, das man Personen "wiederfindet", von denen man lange nicht gehört hat. Besonders schön natürlich, wenn so ein Artikel etwas auslöst und dir etwas bringt. Freut mich! Lieben Gruß aus Hamburg, Jens