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Prokrastination überwinden

Gehirn bei Prokrastination

Das erwartet dich in diesem Artikel

Prokrastination oder auch die Aufschieberitis ist ein großes Thema für mich. So produktiv und rational ich bin, ich habe täglich meine Momente, in denen ich das, was ich tun möchte, aufschiebe. Heute erfährst du, was Prokrastination ist, warum wir Dinge aufschieben, welche Typen von Prokrastination es gibt und wie wir sie überwinden können.


Was beudeutet Prokrastination?

Das Gehirn des rationalen Entscheiders
Das Gehirn des rationalen Entscheiders

pro-cras-ti-na-tiondas Verschieben, Aufschieben von anstehenden Aufgaben

 

Wir sprechen von Prokrastination (manchmal auch "Aufschieberitis" genannt), wenn wir etwas aufschieben, was für uns wichtig ist und eine gewisse Überwindung kostet. Wir bleiben stattdessen in unserer Komfortzone und lenken uns mit anderen Tätigkeiten davon ab diese Aufgaben anzugehen. Unser Belohnungssystem gewinnt die Oberhand über unsere Entscheidungen. Ein sehr schönes Beispiel für unseren inneren "instant gratifikation monkey", der unser rationales Ich übernimmt, habe ich dir im nachfolgenden Video verlinkt, das sich wirklich lohnt. Im oberen Bild ist aus diesem Video das "Gehirn" einer Person dargestellt, die rationale Entscheidungen trifft. Im unteren Bild ist das Gehirn eines Prokrastinierers dargestellt. Der "instant Gratifikation monkey" ist hinzugekommen und übernimmt das Steuerrad und damit die Kontrolle über die Handlungen. Schau' dir in jedem Fall den eingebundenen Ted Talk vom Tim Urban dazu an!

 

Wir ziehen die sofortige Belohnung und den Spaß den Entscheidungen und der Anstrengung vor. Gleichzeitig fühlen wir uns danach schlechter als zuvor, weil wir keinen Millimeter weiter in Richtung der für uns wichtigen Aufgaben gekommen sind und sie auf den nächsten Tag verschoben haben. Meist wird eine solche Entscheidung zugunsten der kurzfristigen Belohnung nicht nur einmal, sondern über Tage vollzogen. Irgendwann steht eine Deadline an und Panik setzt ein, dass wir unser Ziel nicht mehr erreichen. Ein Teufelskreis beginnt.

Gehirn von jemandem, der prokrastiniert
Gehirn bei Prokrastination - der "instant gratification monkey" übernimmt gleich das Steuerrad

Ich bin - bei aller Produktivität und Rationalität, die in mir stecken, auch ein typisches Prokrastinationsopfer. Der Vorteil von Prokrastination bei mir ist, dass die Wohnung meistens aufgeräumt, die Wäsche gemacht und manchmal sogar die Fenster geputzt sind. Die Liste der Dinge, die ich erledige, bevor ich das mache, was ich eigentlich machen sollte, ist lang. Neben den Tätigkeiten, die den Haushalt in Schuss halten, kommt natürlich die Nummer 1-Ausweichbewegung hinzu: das sinnlose Daddeln auf dem Handy, das ich dir in diesem Artikel schon beschrieben habe.

 

Die Motive für Aufschieberitis können ganz unterschiedlich gelagert sein und im Äußeren oder Inneren liegen. Wertest du dich beispielsweise immer wieder selbst ab und glaubst nicht an deine Fähigkeiten, die Aufgabe zu bewältigen? Dann wird auch die noch so penible Ordnung auf deinem Schreibtisch oder das strikteste Zeitmanagement nicht nachhaltig wirken, um mit dem Aufschieben Schluss zu machen. Gerade negative Selbstgespräche und destruktive Überzeugungen wie ‘Ich schaffe das ohnehin nicht.’, ‘Es muss perfekt sein.’ oder ‘Ich bin nicht gut genug.’ sind echte Prokrastinations-Brandbeschleuniger (s.auch Glaubenssätze). Um dagegen vorzugehen, kann es helfen, sich diese Sätze bewusst zu machen, sie kritisch zu hinterfragen und ihnen Alternativen entgegenzustellen.

 

Wann immer bereits die alten Griechen ein Wort für ein Thema hatten, das uns noch heute beschäftigt, können wir uns entspannen. Das Problem hatten ja schon Generationen vor uns, wir haben es nicht exklusiv in unserer Zeit. Bei den griechischen Philosophen wurde es "akrasia" genannt. Wir agieren gegen unsere Überzeugung, in dem wir etwas tun, obwohl wir wissen, dass wir stattdessen etwas anderes tun sollten.

Warum schieben wir Dinge auf?

Was geht psychologisch in Menschen vor, wenn sie ihre Aufgaben und Probleme nicht angehen und stattdessen passiv sind? Drei Gründe aus diesem Video zur Transaktionsanalyse, einer psychologischen Theorie der menschlichen Persönlichkeitsstruktur.

 

Warum prokrastinieren wir?

  1. Aufrechterhalten des eigenen Selbst- und Weltbildes
  2. Glaubenssätze
  3. Abhängige Beziehungen aufrecht erhalten 

Anders ausgedrückt: Wir können uns ganz viele wichtige Aufgaben für unser zukünftiges Selbst ausdenken. Aber erledigen und umsetzen muss sie unser gegenwärtiges Selbst. Und unser Gehirn ist leider nicht gut darin jetzt Energie für etwas aufzuwenden, dessen Belohnung erst in der Zukunft kommen wird. Hierzu empfehle ich dir auch meine Artikel zu den Atomic Habits von James Clear, der das schön erklärt. Unser Gehirn bevorzugt "instant gratification", was ja meistens zu Lasten längerfristiger Ergebnisse geht.

5 Typen der Prokrastination

Bevor du etwas gegen deine Prokrastination tun kannst, hilft es, wenn du dir deinen Prokrastinationstyp bewusst machst. Was ist dein "default mode"?

 

Der Perfektionist

Perfektionisten wollen nach außen perfekt auftreten. Das Zeigen von Imperfektionen ist nicht ihre Sache. Daher schließen sie Dinge häufig nicht ab. Da die Aufgabe noch nicht zur Perfektion erledigt ist, kann sie nicht beendet werden. Stattdessen werden Dinge ergänzt, geändert oder wieder gestrichen.

 

Der Strauß

Die Strauße unter den Prokrastinierern bleiben im Traumstadium. So brauchen sie nicht wirklich zu arbeiten oder sich mit Negativität oder Stress auseinandersetzen. Sie stellen große und ambitionierte Pläne vor, von denen die meisten aber Träume bleiben werden.

 

Der Selbstsaboteur

"Wenn man nichts tut, kann auch nichts schlimmes passieren" könnte das Motto des Selbstsaboteurs sein. Dieser Personentyp hat Angst davor Fehler zu machen. Demnach erreicht er auch wenig.

 

Der Draufgänger

Draufgänger glauben, dass Deadlines sie besser werden lassen. Sie machen erst einmal ihr Ding und irgendwann kommt dann halt eine Abgabefrist um die Ecke. Sie gehen unterbewusst davon aus, dass ein früher Start ihnen den Spaß am Leben nehmen würde. Und häufig kommen sie mit ihrem Ansatz durch. Meist geht er aber zu Lasten der Qualität ihres Produkts.

 

Das Huhn

Diesem Persönlichkeitstyp fällt es schwer Aufgaben zu priorisieren. Sie machen, was sie glauben machen zu müssen, anstelle die Dinge zu durchdenken. Demnach verrichten sie meist Aufgaben, die ohne großen Aufwand sind und auch nicht viel zum Projekt beitragen. Sie haben zwar immer etwas zu tun, sind aber meist mit irrelevanten Aufgaben beschäftigt. Die wichtigen Aufgaben sind ihnen schlicht nicht bewusst.

4 Aktionen gegen Prokrastination

Vorab ein kleiner Test, ob du ein Prokrastinierer bist: Wenn du auf deiner to do-Liste Sachen stehen hast, du dort schon vor einem Jahr gestanden haben, bist du hier richtig. Ein Jahr ist bei den meisten von uns mehr als ein Prozent der Lebenszeit. Was kann also so einschüchternd sein, dass wir es seit einem Jahr nicht angehen? Ach, da gibt es vieles: Der unangenehme Termin beim Arzt, die Finanzen selbst in den Griff zu bekommen, ein Testament schreiben, alle Dinge ohne Deadline...

 

Hier sind nun vier Aktionen gegen Prokrastination:

 

Selbstbewusstsein kommt nach dem Start, nicht davor

Für einen Prokrastinierer ist der Start das Schlimmste. Man kann mit seiner Aufgabe scheitern, sich lächerlich machen oder es treten Schwierigkeiten auf. Alles gute Gründe um gar nicht erst zu starten. Also lieber noch eine Runde die Wohnung sauber machen, bevor es losgeht. Wie vorbereitet muss man sein, um etwas anzugehen? Schwierig, aber meist etwas mehr, als man sich vorbereitet fühlt. Selbstvertrauen kommt aber erst nach dem Start, nicht davor! Erst nach dem Start entwickelst du ein Gefühl dafür, was leicht und was schwierig ist. Also starte!

 

Deine Probleme scheinen miteinander verbunden zu sein - bis du eines davon löst

Je länger deine to do-Liste zu einer Aufgabe wird, desto mehr scheint alles miteinander verbunden zu sein. Du hast kein Gefühl dafür, wie lange du für eine Unteraufgabe brauchen wirst. Die to do-Liste wird zu einer in sich verknoteten Kette von Tannenbaumlichtern, die du erst einmal auseinander fädeln musst. Irgendwann kommst du an den Punkt und realisiert, dass du diese Lichterkette nicht theoretisch in deinem Kopf entwirren kannst. Du musst praktisch anfangen und die erste Unteraufgabe angehen. Erst danach wirst du ein Gefühl dafür bekommen, wo die Fallstricke liegen. Und von da an wird die ganze to do-Liste weniger erschlagend wirken.

 

Aufgaben abschließen ist alles, daran nur zu arbeiten ist nutzlos

Gerade für Perfektionisten ist dieser Aspekt schwierig. Es geht darum immer etwas zu Ende zu bringen, wenn du an etwas arbeitest. Einfach an etwas arbeiten, im Sinne von beschäftigt sein, ist nutzlos. Du musst Teilaufgaben beenden, um voran zu kommen. Wenn du stattdessen Aufgaben ergänzt, perfektionieren willst, verschiebst oder an ihrer Qualität zweifelst, wirst deine to do-Liste noch länger werden.

 

Dinge zu tun fühlt sich gefährlich an und sie aufzuschieben sicher, aber das Gegenteil ist der Fall

Prokrastination ist zu Eigen, dass man viel über Dinge nachdenkt und wenig bis gar nichts für ihre Erledigung tut. Du kannst nicht begonnene, aber trotzdem wichtige Aufgaben immer wieder vor deinem geistigen Auge vorführen. Davon wirst du sie aber nicht lösen. Im Gegenteil: Du verwendest sogar Energie, um sie dir vorzustellen. Das kann Monate so gehen, machmal für Aufgaben, deren Umsetzung dich weniger als eine Stunde Aufwand kostet! Neue Aufgabe zu beginnen ohne gründlich vorbereitet zu sein, fühlt sich gefährlich an. Aber die richtige Gefahr ist Verzögerung und Aufschieberitis. Du verpasst Deadlines, musst vielleicht Strafen zahlen, schämst dich, bist gestresst und verpasst haufenweise gute Gelegenheiten, über die du dich später ärgerst.

Eat that frog!

Was hilft nun nachdem ich weiß, was Prokrastination ist, warum wir prokrastinieren, meinen Prokrastinationstypen kenne und sogar Aktionen gegen Prokrastination kenne? 

 

Eat that frog!

Nimm' dir an jedem Tag die für dich schlimmste Aufgabe zuerst zur Brust. Die Aufgabe, die dich die meiste Willenskraft und Überwindung kostet. Am besten gleich als erste Amtshandlung am Morgen. Das ist mit dem Prinzip von "Eat that frog!" gemeint. Das befreit dich ungemein, den alles, was an diesem Tag folgt, wird dir leichter von der Hand gehen, als diese Aufgabe. Zudem hilft es große Projekte in viele kleine und abschließbare Aufgaben zu zerlegen. Arbeite mit Deadlines. Am besten natürlich mit echten, weil selbstgesetzte Deadlines, die du auch selbst wieder verschieben kannst, genau dazu führen können - du verschiebst sie wieder. Wirklich mächtig ist es aber dein "Why", dein "Warum" zu suchen und zu finden. Warum willst du diese Aufgabe erledigen? Worauf zahlt sie ein? Was wirst du nicht erreichen, wenn du sie aufschiebst.

Quellen

Fazit


Was schiebst du vor dir her? Nimm' dir eine Aufgabe davon und fange heute mit ihr an. Fange an, bevor du wirklich vorbereitet bist. Leg' einfach los und beende sie am gleichen Tag. Der Triumph des Finalisierens wird dich mehr als zufrieden machen. Also auf zur nächsten! Prokrastination bekämpfen ist eine Lebensaufgabe. Und sich nicht ablenken wird in unserer technisch herausfordernden Zeit immer schwieriger. Finde dein "Warum" und handle danach. Mach' dir bewusst, wie viel (oder wenig) Lebenszeit wir alle (noch) haben und setze deinen Traum um!

 

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